Zu Beginn ein Kurzfilm mit der Erklärung des Festes Allerheiligen

von Kirchensite TV

Aus einer Allerheiligenpredigt von Bischof Piontek, 1959



Wenn ihr mich fragt:

„Von wem ist Augustinus, der Kirchenlehrer, heiliggesprochen worden?“,

dann muss ich euch antworten:

„Augustinus ist von keinem Papst heiliggesprochen worden. Und seine Mutter Monika – auch nicht. Und Ambrosius, dem er seine Bekehrung verdankt – auch nicht. Damals kannte man eine Heiligsprechung durch den Papst noch nicht, sondern nur eine Heiligsprechung durch allgemeine Übung. Augustinus, Monika, Ambrosius waren durch ihre Tugenden, durch ihren vorbildlichen Lebenswandel allgemein bekannt, und so verehrte man sie auch nach ihrem Tode und empfahl sich ihrer Fürbitte, erst örtlich, dann in immer weiterem Umkreise.“


Von den Heiligen, die in der Allerheiligenlitanei genannt werden, sind die meisten nur durch allgemeine Übung heiliggesprochen worden …, nicht durch den Ausspruch des Papstes. Die Kirche hat diese allgemeine Übung stillschweigend anerkannt. So ging es etwa 900 Jahre.

 

Die erste Heiligsprechung durch einen Papst war im Jahre 993. Der Papst hieß Johannes XV., und der Heiliggesprochene war ein Deutscher, er hieß Ulrich und war Bischof von Augsburg. Seitdem ist die Heiligsprechung durch den Papst immer mehr die Regel geworden. So wurde 1189 Otto von Bamberg heiliggesprochen durch Klemens III., 1235 Elisabeth von Thüringen durch Gregor IX., 1267 Hedwig durch Klemens IV., und so geht es fort … 

Das heutige Fest gilt nicht nur jenen, die durch ein kirchliches Urteil heiliggesprochen sind. Alle, die den irdischen Lauf vollendet haben und zur Anschauung Gottes gelangt sind, sind heilig und werden heute gefeiert, und deren Zahl ist unübersehbar.

 

Deswegen liest die Kirche heut aus der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes den Abschnitt vor, in dem es heißt:

„Danach sah ich eine große Schar, die niemand zu zählen vermochte, aus allen Geschlechtern und Völkern und Stämmen und Sprachen.“

 

Allerheiligen heißt deshalb das heutige Fest. …


Wir hoffen, nach Vollendung des irdischen Laufes zur Anschauung Gottes zu gelangen. Dies dürfen wir hoffen, sollen wir zuversichtlich hoffen; die Hoffnung ist ebenso eine verpflichtende Tugend wie der Glaube und die Liebe.


Und wenn wir nun in den Himmel eingegangen sind, dann wird man auf Erden jedes Jahr weiter das Fest Allerheiligen begehen. Priester werden am 1. November auf der Kanzel und am Altare stehen und über das Fest predigen, so wie ich es eben getan habe. Da wird auch unser gedacht werden, die wir gearbeitet, Leiden und Versuchungen ertragen, gebetet und geopfert haben. Zwar werden unsere Namen vergessen sein, und doch wird unser gedacht werden, denn wir werden mit Augustinus, Monika und Ambrosius, mit St. Otto, St. Elisabeth und St. Hedwig zu der unübersehbaren Schar gehören, von der der Apostel Johannes in der Geheimen Offenbarung spricht.

Nach der hl. Messe werde ich mit euch die Allerheiligen-Litanei beten. So wird sie weiter auf Erden gebetet werden, nachdem wir in den Himmel gelangt sind. Und wenn die Litanei zu den Worten kommt „Alle Heiligen Gottes, bittet für uns“, dann wird sich diese Anrufung auch an euch und mich richten.



(zitiert aus dem Buch „Hirtenworte – Hirtenbriefe, Predigten und Ansprachen von Ferdinand Piontek, Band II“, St. Benno Verlag Leipzig, 1964)